Die Indianer leben heute meist in sogenannten Reservaten oder Reservationen, also bestimmten Gebieten, die ihnen zugewiesen worden sind. Sie leben nicht freiwillig dort. Im letzten Jahrhundert durften sie sogar nur dort leben, heute könnten sie natürlich auch irgendwo in den USA leben. Aber wenn sie mit dem ganzen Stamm zusammen leben wollen, bleibt nur das Reservat.
Die ersten Reservate wurden schon vor 200 Jahren von den weißen Siedlern eingerichtet, weil die das Land der Indianer für sich alleine haben wollten. Die Stämme wurden dann in die Reservate umgesiedelt. Oft war das sehr brutal, die Weißen waren rücksichtslos, die Indianer wehrten sich, so dass es dabei viel Blutvergießen gab. Als man zum Beispiel die Cherokee-Indianer 1838 von Florida nach Oklahoma in ein Reservat umsiedeln wollte, starben auf der „Reise“ dorthin 14.000 Indianer.
Bis heute nennt man dieses Ereignis „Zug der Tränen“. Heute gibt es in den USA etwa 300 Reservate. Das Leben dort ist oft hart und die Menschen haben kaum Arbeit. Ackerbau oder Viehzucht können die Indianer nicht betreiben, weil das Land unfruchtbar ist.
Heute sind die Reservationen keine Zwangslager mehr. Zäune oder Kontrollstellen gibt es nicht. Jeder kann kommen und gehen, wann er will. Viele, die Arbeit haben, verlassen tagsüber Indianerland, wie man Reservationen heutzutage häufig nennt. Sie verdienen sich in einer benachbarten Stadt ihren Lebensunterhalt. Natürlich wohnen die Indianer unserer Tage meist nicht mehr im Wigwam oder Tipi, sondern in Baracken oder auch modernen Fertigteilhäusern wie die Weißen.
(Zu diesen beiden Punkten hat mich eine eMail von Monika erreicht, die ich hier gerne nachgelesen werden kann. eMail Monika)
Auf den Dächern erheben sich Fernsehschüsseln und das Pferd ist vom Auto verdrängt worden. Wie überall im Land haben in den Reservationen auch Supermärkte und Schnellrestaurants eröffnet. Nur liegen die Preise deutlich höher als anderswo. Dabei sind die meisten Reservationsbewohner arm.
Die Kinder besuchen heute von klein auf Schulen, in denen sie auch in ihrer eigenen Sprache unterrichtet werden. Wenn sie begabt sind und ernsthaft lernen, können sie später vielleicht sogar eine Universität besuchen. Mitunter, wie in Many Farms bei den Navajo, brauchen sie dazu nicht einmal die Reservation zu verlassen.
Überhaupt versuchen die Navajo grundsätzlich sich selbst zu helfen und zu verwalten. Vor etlichen Jahren entdeckten weiße Ingenieure Erdgas und Erdöl im Monument Valley, also auf dem Gebiet der Navajo. Seit diese Bodenschätze gefördert werden, fließt ständig Geld in die Kasse des Stammes. Ein demokratisch gewähltes Navajo-Parlament entscheidet, wie es verwendet wird. Mit Hilfe dieser Mittel entstanden mehrere Industriebetriebe in der Reservation. Sie wurden an verschiedene Firmen verpachtet.
Reservation der Navajo in Nord-Arizona
Diese Unternehmen, so ist es vereinbart, beschäftigen fast ausnahmslos Navajo. In einem Werk für elektronische Geräte hatten die 800 Navajobeschäftigten anfangs ziemliche Probleme, weil in ihrer Sprache wichtige Fachausdrücke fehlten. Also hat man sie geschaffen. Seitdem wird in der Navajosprache beispielsweise »Aluminium« mit »glänzendes Metall« und »Oszillator« mit »Tunnel« übersetzt.
Den Navajoarbeitern geht es heute wirtschaftlich recht gut. Aber auch den Bauern und Viehzüchtern nützt die industrielle Tätigkeit des Stammes. Ein Teil des eingenommenen Geldes floss in große Bewässerungsprojekte. Doch nicht nur wirtschaftlich wollten die Navajo auf eigenen Füßen stehen. Mit Ausnahme der Verkehrsvorschriften gilt in der Reservation kein einziges Gesetz des Staates Arizona mehr. Der Stamm hat auch eine eigene Polizei und eigene Gerichte. Mittlerweile werden nur noch Schwerverbrecher nach Arizona »ausgeliefert«.
Trotz dieser Verbesserungen ihres Lebensstandards haben die Navajo – wie auch die anderen Indianer in den Reservationen -jedoch weiterhin mit großen sozialen Problemen zu kämpfen. Etliche Stammesangehörige sind bettelarm. In ihren Häusern gibt es weder Strom noch warmes Wasser. Weil sie das Leben nur schwer ertragen können, haben sich viele in den Alkohol geflüchtet.
Zu denken gibt auch, dass die Indianer von allen ethnischen Gruppen in den USA die höchste Selbstmord- und die höchste Kindersterblichkeitsrate haben. Darüber hinaus ist bei ihnen die Lebenserwartung niedriger als bei allen anderen Gruppen. Schuld daran ist sicher auch die außergewöhnlich hohe Arbeitslosenquote der Indianer – bei einigen Stämmen sind über 80 Prozent aller Erwerbsfähigen ohne Arbeit!!! Angesichts dieser Unbilden fällt es nur wenig ins Gewicht, dass die Indianer in den Reservationen keine Steuern zahlen müssen und kostenlose Gesundheitsfürsorge genießen.
Für zahlreiche Amerikaner und Touristen aus aller Welt sind die Indianer in den Reservationen nicht mehr als eine Touristenattraktion. Man lässt sie sich vorführen und kauft begeistert ihre kunsthandwerklichen Arbeiten. Verständnis für die Schwierigkeiten des indianischen Lebens inmitten einer weißen Umwelt gibt es nur selten. Davon zeugt auch, dass vor wenigen Jahren europäische und amerikanische Gesellschaften auf einem heiligen Berg der San-Carlos-Apachen in Arizona eine astronomische Station errichteten. Die Indianer protestierten gegen die Entweihung ihrer regelmäßig benutzten sakralen Stätte – ohne Erfolg. Zu den Betreibern der modernen Teleskop-Station gehört auch ein deutsches Institut.