Ehe und Scheidung sind keine Erfindung der Bleichgesichter
Wenn ein Indianer eine Familie gründen wollte und machte er seiner Liebsten einen Heiratsantrag, in dem er seinen zukünftigen Schwiegereltern Pferde oder mehrere Stück Vieh zum Geschenk anbot. Der Ehrgeiz aller junger Frauen war es, zu einem möglichst hohen Preis gekauft zu werden.
So brachte eine jungfräuliche Braut ihrem Vater viele Tiere und ein erhöhtes Ansehen, wohingegen ein Mädchen, das nicht mehr unberührt war, froh sein konnte, wenn es überhaupt einen passenden Mann ausfindig machte. Der Vater ging leer aus und musste sich Spott über seine missratene Tochter gefallen lassen.
Obwohl das schwache Geschlecht in der Öffentlichkeit bei der Wahl eines Ehepartners nicht viel zu bestellen hatte, richteten sich die Väter doch sehr oft nach den Neigungen ihrer Töchter. Bei den Präriestämmen besuchte der Freier das auserwählte Mädchen in der Abenddämmerung vor ihrem Tipi und schlug seine Decke mit um ihre Schulter, so dass sie, beide in den Überwurf eingehüllt, vor den Blicken der anderen Stammesmitglieder sicher waren und zwanglos miteinander plaudern konnten.
Eine religiöse oder zivile Trauung kannten die Indianer nicht. Die Eheschließung war eine sehr einfache Zeremonie, während der Geschenke ausgetauscht und getanzt wurde.
Bei einzelnen Nationen war der Brauch eingerissen, dass es dem Ehemann und seiner Schwiegermutter nicht mehr gestattet war, sich nach der Hochzeit zu sprechen oder zu sehen. Dadurch sollten Auseinandersetzungen und Streitigkeiten ausgeräumt werden, die durch die Einmischung der Schwiegermutter im Haushalt des frischgebackenen Paares unweigerlich ausgelöst würden.
Wenn auch die indianischen Ehen auf gegenseitiger Achtung und Liebe gründeten und im allgemeinen nicht schnell in die Brüche gingen, so gab es trotzdem genügend Trennungen, wie der Indianerhistoriker Stephen E. Ambrose am Beispiel der Sioux aufzeigt. „Mann und Frau erwarteten beide Treue voneinander. Scheidungen, die sehr einfach vonstatten gingen, ergaben sich meistens aus Ehebruch. Faulheit des Mannes oder die böse Zunge der Frau waren ebenfalls häufige Scheidungsgründe.
Eine Frau konnte die Ehe auflösen, in dem sie einfach die Habseligkeiten ihres Mannes aus dem Tipi warf das ihr persönliches Eigentum war. Aber davon abgesehen begünstigten die Gesetze des Stammes weitgehend den Mann. Zwar konnte die Frau den Ehemann hinauswerfen, aber es war ihr nicht gestattet, ihn zu bestrafen. Der Mann hingegen genoss dieses Privileg. Wenn ein Mann seine Frau beim Ehebruch ertappte, hatte er das Recht, sich nicht nur sofort von ihr zu trennen, sondern ihr auch die Zöpfe und sogar die Nase abzuschneiden. Diese Entstellung brandmarkte sie fürs Leben als Ehebrecherin und machte sie für andere Männer unattraktiv.“
Da zahlreiche Männer bei Jagdunfällen umkamen oder nicht mehr aus dem Krieg zurückkehrten, kannten so manche Indianerstämme einen Frauenüberschuss, dem sie durch Vielweiberei zu entsprechen versuchten. So konnte ein Mann mit mehreren Frauen gleichzeitig verheiratet sein. Dass es bei diesem trauten Zusammenleben zu dritt oder zu viert zu Eifersuchtsszenen kam, ist nicht weiter verwunderlich.
Um Spannungen weitgehend zu vermeiden, vermählte sich der umsichtige Krieger mit einer Schwester seiner ersten Frau. Überhaupt erwarb ein Indianer, der die älteste Tochter einer Familie in seine Behausung führte, sehr oft das Recht auf alle ihre Schwestern. In dieser Beziehung schoss bestimmt der Cheyenne Crooked Neck (Schiefhals) den Vogel ab: Er war mit fünf Schwestern die Ehe eingegangen.
Dass gerade besonders reiche Manner sich mit mehreren Frauen umgaben, kam nicht von ungefähr. Ihr Pferdeüberfluss erlaubte es ihnen, ihren Haushalt beständig zu vergrößern. Je mehr Frauen unter ihrem Dach lebten, desto größer war die Zahl der Bisonhäute, die ihre Frauen gerben konnten.
Nicht nur der Frauenüberschuss, sondern auch wirtschaftliche Erwägungen ließen die Vielehe zu einem festen Bestandteil der Indianergesellschaft werden. Mit sichtlicher Genugtuung wies zum Beispiel ein Häuptling darauf hin, das seine „acht Frauen hundertfünfzig Häute im Jahr verarbeiten konnten, während eine einzelne Frau nur zehn herrichten konnte“.
Die Institution der Ehe war demnach keine Erfindung der Bleichgesichter, sondern den Indianern schon lange vor der Ankunft der Weißen bekannt.
Die Väter wünschten sich keusche Töchter und die Ehemänner treue Frauen. Der Ehebruch wurde geahndet und die Frau sogar auf unmenschliche Art bestraft. Für einen Häuptling gehörte es sich, einer treulosen Frau mit Verachtung zu begegnen. Eine Witwe, die keine Schlampe war, konnte damit rechnen, bald wieder verheiratet zu sein. Die Rothäute hatten also eine sehr strenge Sittenauffassung, die ihnen zur Ehre gereichte.
Den Sittenverfall, mit dem Kulturen zugrunde gehen, gab es bei den nordamerikanischen Indianern der letzten Jahrhunderte nicht. Ihr Untergang war einzig und allein das Werk des weißen Mannes, der ihre Untadeligkeit geflissentlich übersah und sie zu blutgierigen Wilden abstempelte.
Indianischer Heiratsantrag im Jahre 2003 in Deutschland
Ein Besucher (Herr X.) meiner Homepage suchte Informationen um meiner Partnerin auf „indianisch“ einen Antrag zu machen. Seine Partnerin hatte schon als Kind davon geträumt hat, dass ein Indianer sie einmal zur Frau nimmt und er wollte ihr diesen alten – fast vergessenen Kindertraum, erfüllen. Ich habe ihm dann leider nur die Informationen geben können, die auf dieser Seite schon geschrieben stehen, sowie einen Link zu einer Seite, die sich mit Hochzeitsbräuchen beschäftigt.
Herr X. besorgte nun aus einem Kostümverleih Indianerkostüme, weitere diverse Details wie Ketten, Pfeil und Bogen, Armbänder, Totem und Stofffahren. Dann baute er mit Hilfe eines Kollegen im Wohnzimmer ein Zelt auf, nachdem er seine Partnerin darum gebeten hatte, ihn zwei Stunden in der Wohnung allein zu lassen.
Herr X. hatte sich weitere Informationen besorgt und ihr dann „Anweisungen“ hinterlassen. So sollte sie zuerst ein reinigendes Bad in reinem Wasser (ohne Badezusätze) nehmen, um sich auch äußerlich zu reinigen und die Seele in Ruhe ankommen zu lassen. Danach hing das Kleid und der Schmuck für sie schon bereit. Rosen zeigten ihr den Weg zum (verhängten) Wohnzimmer, wo Herr X. schon vor dem offenem Kamin saß. Die beiden sprachen für eine kleine Weile nicht und sahen in das Feuer.
Dann gab Herr X. ihr den indianischen Namen, den er auf dieser Homepage fand und am besten zu seiner Partnerin passte. Er sprach die Worte des Gayle High Pine (Dankgebet der Irokosen von Gayle High Pine, nachzulesen auf der Seite „Weisheiten/Zitate“). Nun übergab er ihr den Lederbeutel mit den Verlobungsringen darin und bat sie um ihre Hand. Sie willigte ein!!!
Diese Geschichte ist wirklich wunderschön und ich möchte mich bei den beiden nochmals ganz herzlich dafür bedanken, dass ich die Geschichte sowie das Foto veröffentlichen durfte. Vielleicht ist dies eine Hilfe für andere, die nicht wissen, wie sie einen indianischen Heiratsantrag gestalten können.
Wenn Sie noch mehr Informationen zum Thema „Familienleben bei den Indianern“ haben, würde ich mich freuen, wenn Sie mir dieses per eMail zukommen lassen würden. Ich werde es dann hier mit Quellenangabe vorstellen. Danke schön!