Die enge Verbindung zwischen Mensch und Tier bestimmte alle Aspekte im Leben der Indianer. Die Stämme waren auf die Tiere angewiesen, wenn sie überleben wollten. Tiere lieferten ihnen fast alles, was sie brauchten: Fleisch, Felle, Knochen, Sehnen, Federn und Stoßzähne.
Abgesehen von ihrem praktischen Nutzen spielten Tiere eine große Rolle im spirituellen Leben der Indianergemeinschaften. Schließlich waren Tiere an der Schöpfung der Erde beteiligt gewesen und verkörperten wesentliche Aspekte jener mythischen Zeit. In einer Hinsicht waren die Tiere sogar vollkommener als der Mensch: Während dieser, um sich ernähren und kleiden zu können, mühsam jagen und sammeln musste, erlangten die Tiere ihre Nahamg offenbar ohne große Anstrengung und brauchten weder Kleider noch Waffen.
Darüber hinaus hatten alle Tiere nach Ansicht der Indianer eine Seele. Einige, wie der Bison, der Adler und der Bär, besaßen einen mächtigen Schutzgeist, der den Menschen beistehen oder schaden konnte, je nachdem, wie sie ihn behandelten. Tiere wurden deshalb als heilige Wesen verehrt. Die Indianer sahen keinen Widerspruch darin, dass sie diese heiligen und schönen Geschöpfe jagten, töteten und aßen.
Die Menschen waren darauf angewiesen, sich genaue Kenntnisse über das Tierreich zu verschaffen. Jeder Indianer wuchs in einer Gesellschaft auf, in der die Überlieferung eines angesammelten Erfahrungsschatzes eine überragende Rolle spielte. Schon in jungen Jahren erwarb er einen enormen Wissensschatz – nicht zuletzt über die Tierwelt seines Stammesgebietes. Er kannte die Anatomie der Tiere, ihre Fressgewohnheiten, ihr Brutverhalten und ihre Wanderungs-Zyklen, und er beherrschte eine ganze Reihe ausgefeilter Jagdtechniken. Aber all das führte nur zum Erfolg, wenn der Indianer den jeweiligen Jagdgrund genau kannte.
Der erfahrene Jäger wusste, wo und wie er sich seiner Beute nähern musste und in welchem entscheidenden Augenblick er unter bestimmten Witterungsverhältnissen anzugreifen hatte. Diese Kenntnisse wurden über die Generationen hinweg weitergegeben. Sie waren eingebettet in einen reichen Fundus von Mythen, Liedern, Bräuchen und Berichten. Ohne diesen geistigen Besitz des Stammes hätten die Taten eines Jägers nur einen materiellen Sinn, nämlich die Beschaffung von Nahrung. Aberjagen bedeutete mehr: Es war ein heiliger Akt.
Die Jagd verlangte also nicht nur Anpassungsfähigkeit und Entschlusskraft, sondern auch die strikte Beachtung gesellschaftlicher und religiöser Konventionen. In einigen Indianerkulturen wird der Jäger durch den Mond verkörpert, da dieser – im Gegensatz zur Sonne – eine feste Bahn verfolgt. Er wandelt über den Himmel „wie ein Mann, ein Jäger: Er geht, wohin er will, und bleibt selten lange am selben Ort“.
Wichtigkeit und Nutzen des Bison für die Indianer
Die Apachen begannen die Vorbereitungen für eine Jagd mit einem Gebet, in dem sie den Schutzgeist der Bisons anflehten, ihnen reiche Beute zu gewähren. Die Jäger entzündeten eine heilige Pfeife und wandten sich mit folgendem Wunsch an den Geist: „Es möge viele geben. Es möge viel Fleisch geben. Wir werden unser Lager in ihrer Mitte aufschlagen.“
Schließlich ehrten sie den Bison mit Gesängen und Tänzen, wobei sie die Hörner des Tieres imitierten, indem sie die Hände an den Kopf legten.
In Zeiten der Not, wenn die Herden knapp wurden, beachteten die Apachen ein besonderes Jagdritual. Der Schamane des Stammes bereitete ein Stück ebenen Bodens vor, auf das er Bisondung und Pflanzenpollen streute. Während die anderen Mitglieder des Stammes beteten, stimmte er vier Gesänge an und ahmte das Brüllen des Bisons nach.
Am Ende einer erfolgreichen Jagd wurden die Tiere unter strikter Beachtung eines Rituals zerlegt, das verhindern sollte, die Seele des Bisons zu beleidigen, damit er seine Gefährten nicht veranlaßte, den Jägern künftig auszuweichen. Als erstes wurde die Haut von der rechten Schulter gelöst, dann wurden Vorderbein und Schulter abgetrennt. Daraufhin schnitt man ein Stück fettes Fleisch aus dem Rücken und warf es als Opfergabe nach Osten. Der Rest des Tieres diente als Nahrung und Kleidung. Selbst das, was danach noch übrig blieb, wurde mit Sorgfalt und Ehrfurcht behandelt – besonders die Füße, da man fürchtete, den Zorn des Tiergeistes zu wecken und bei der nächsten Jagd von den Hufen der Bisons zertrampelt zu werden.
Der Bison oder Büffel bedeutete Leben für Tausende von Plains-Indianern, versorgte er sie doch mit den zum Überleben wichtigsten Dingen: Nahrung, Unterkunft und Kleidung.
Aus Kalbshaut wurden weiche Windeln für Neugeborene gemacht, die Häute ausgewachsener Tiere ergaben ein Tipi für die ganze Familie.
Aus Bisonhaut wurden außerdem die Sohlen von Mokassins, Parflèches (Taschen), Kleider und Riemen gefertigt. Das dicke Nackenfell diente zur Herstellung von Schildern, aus einer ganzen Haut entstand ein „Bullboat“.
Aus dem Pansen wurde ein brauchbarer Kopftopf, die Sehnen verwendete man als Garn. Die Knochen ergaben handliche Schaber, Messer und Ahlen ab. Wenn man die Rippen mit Rohhaut zusammen band, hatte man einen richtigen Schlitten. Dichte Winterfelle boten Schutz und Wärme.
Das Fell selbst konnte verwendet werden, um Kindertragen und Kissen auszupolstern oder es konnte zu Seilen gedreht werden. Nicht zu vergessen ist die Menge an Fleisch, die ein Büffel lieferte.
Allgemein üblich waren Spielmarken aus Knochen, Puppen aus Büffelleder und Spielzeug aus Horn. Ornamente wurde mit Hilfe von Büffelhaar gefertigt und nicht selten zierten Bisonschwänze die Tipis.
Der Bart des Tieres verschönerte Kleidung wie Waffen. Hörner und Haare brauchte man zur Herstellung von Kopfschmuck.
Die erste der vier Magenkammern des Wiederkäuers wurde von Medizinmännern als Mittel gegen Erfrierungen und Hautkrankheiten eingesetzt, aus der Blase machte man einen Medizinbeutel und der Schwanz diente als Medizinwedel.
Seltene gelbe und weiße (Albino-)Häute waren sehr kostbar und fanden häufig bei Ritualen Verwendung. Aus Hufen und Hodensäcken fertigte man Rasseln. Für zeremonielle Zwecke wurden Trommeln und Trommelstöcke aus Rohhaut hergestellt.
Kein Wunder also, dass der Bison bei den Prärie-Indianern zum Inbegriff des Lebens und zum Mittelpunkt der Religion wurde. Denn letzten Endes drehte sich alles um dieses Großwild, das ihre Hauptnahrungsquelle war.
Bis zum 17. Jahrhundert schlichen sich die Bewohner der Grassteppen noch zu Fuß an die grasenden Ungetüme heran. Dabei versteckten sie sich unter Wolfspelzen oder verbargen sich unter Bisonfellen. Sie versuchten die Herde in Panik zu versetzen und über einen Felsabbruch zu locken, an dessen Fuß mit Lanzen bewaffnete Krieger die überlebenden Tiere durchbohrten. Im Winter trieben sie einzelne Tiere in den Tiefschnee, wo diese wegen ihres Körpergewichtes bis zum Bauch einsanken und so zur leichten Beute für die Indianer wurden.
Als die Prärie-Indianer gegen Mitte des 17. Jahrhunderts durch das zur Büffeljagd abgerichtete Pferd aus dem Fußgängerdasein zum Pferdevolk aufstiegen, änderten sie natürlich ihre Jagdmethoden. Hoch zu Ross sprengten sie die Herde auseinander, teilten sie in kleine Trupps und schieden dabei die jagdbaren Tiere aus.
Sie ritten scharf links vom blindlinks dahin rasenden Bison, den sie in vollem Galopp mühelos mit dem Pfeil ins Herz trafen. Falls aber ein Jäger sein Ziel verfehlte, konnte ihm der angegriffene Büffel durch seine ungeheure Größe und Wildheit gefährlich werden.
Die Indianer töteten selten mehr Tiere als unbedingt nötig.
Zeremonienrasseln
Erst die Weißen verlegten sich auf das systematische Abschlachten der Bisons und entzogen den Indianern mit diesen Massenschlächtereien ihre Lebensgrundlage.
General Sheridan hatte die traurige Idee, die Bisonherden planmäßig abschießen zu lassen, um die Indianer dem organisiertem Hungertod auszuliefern. Der rote Mann ging zusammen mit seinem Wild unter.
Mensch und Tier als vermähltes Paar
Fast alle Stämme kennen Mythen, in denen es um Ehen zwischen Mensch und Tier geht. Der menschliche Partner kann ein Mann oder eine Frau sein, der tierische ist gewöhnlich eines der großen Säugetiere oder ein großer Vogel.
Zu den Arten, die an einer solchen Ehe beteiligt sein können, gehören Bison, Elch, Braunbär, Hund, Wal, Adler und Seemöwe so die Experten vom tierischehelden.de
Einige solcher Mythen können Sie unter „Indianische Worte – Mythen/Legenden“ nachlesen.
Diese Skulptur des Haida-Bildhauers Skaowskeag aus dem 19. Jahrhundert zeigt ein Motiv aus dem Bärenmutter-Mythos. Eine Frau hatte den Bären zu wenig Achtung entgegen gebracht. Sie wurde dadurch bestraft, dass die halb menschlichen und halb tierischen Kinder, die sie von ihrem Bärengemahl bekam, scharfe Klauen und Zähne hatten und ihr beim Stillen unerträgliche Schmerzen bereiteten.
Das Pferd
Das erste Pferd, das die Indianer sahen, erinnerte sie unweigerlich an einen Hirsch ohne Geweih. Zu Beginn hielten sie das Tier sogar für einen großen, grasfressenden Hund, denn die einzigen gezähmten Tiere, die sie besaßen, waren ihre eigenen Hunde, die mit den Frauen die Lasten des Stammes schleppten. Die Apachen nannten das Pferd deshalb „Büffelhund“, womit sie eine gewisse Gleichartigkeit zwischen den räudigen Kläffern und den zotteligen Ponys zum Ausdruck brachten.
Durch den Einsatz der Pferdekraft zur Beförderung von Menschen und Hausrat verbesserte sich das Leben der Prärie-Indianer. Die Arbeitsleistung eines Pferdes entsprach der von bis zu sieben Hunden, je nach Hunderasse. Sie waren keinen Gewichtsbe-schränkungen mehr unterworfen. Sie konnten sich nun anstelle der kleinen und engen Zelte vier bis fünf Meter hohe Tipis leisten, die nunmehr problemlos transportiert werden konnten. Ihre Alten und Kranken brauchten sie nicht mehr zurück lassen, wenn sie weiter zogen, sondern konnten sie auf einer von Pferden geschleppten Tragschleife mit sich führen.
Das Pferd diente den Indianern als Haupthandelsartikel, Beförderungs-, Verkehrs- und Zahlungsmittel. Auf weiten Streifzügen zu Pferde eigneten sich die Indianer wichtige geografische Kenntnisse an und wurden tatsächlich zu lebenden Landkarten. Durch den Mustang entfaltete sich der Handel über den gesamten Erdteil. Stämme, die sich vorher nie begegnet waren, kamen miteinander in Berührung.
Pferde wurden zum Symbol des Reichtums. Wollte ein junger Krieger heiraten, schenkte er dem Vater der Braut so viele Pferde, wie seine Vermögenslage es zuließ.
Dass das Reiten den Indianern auch großen Spaß machte, ist unbestreitbar. Stundenlang hockten sie ohne mindeste Anstrengung im Sattel, legten unvorstellbare Entfernungen zurück und waren sozusagen mit ihren Tieren verwachsen. Auch erfreuten sie sich an Pferderennen – ihrer beliebtesten Sportart – bei denen hohe Wetten abgeschlossen wurden.
In trichterförmig enger werdende Fanggehege, die aus Pfosten und Flechtwerk zusammengezimmert waren, trieben die Rothäute die Wildpferde, auf die sie ihr Augenmerk geworfen hatten. Auch griffen sie mit Vorliebe auf die Stafettenjagdmethode zurück, um durch regelmäßig abgelöste Reiter auf frischen Pferden die unablässig verfolgten Mustangs bis zur vollständigen Entkräftung einzukreisen und dann mit dem Fasso einzufangen.
Bevor die ungebändigten Tiere eingeritten wurden, legte man ihnen ein Zaumzeug aus einem einfachen Strick um, der ihnen um den Unterkiefer geschlungen wurde. Ein Sumpf, eine Sandgrube oder ein tiefer Bach waren das ideale Gelände, um ein noch nicht gezähmtes Indianerpony zum erstenmal zu besteigen, weil der Besitzer beim Bocken des aufsässigen Vierbeiners nicht so schmerzhaft hinfallen konnte.
In der großen Kunst der Pferdezucht wurden die Comanchen nur noch von den Nez Perces übertroffen, deren edle Kriegspferde, die Appaloosas, der Forschungsreisende Meriwether Fewis schon 1805 bewunderte. „Sie scheinen von ausgezeichneter Rasse zu sein, groß, elegant gebaut, lebhaft und ausdauernd. Viele von ihnen erinnern an vollblutige englische Renner. Manche von ihnen sind Schecken, bei denen große weiße Flecken ungleichmäßig mit einem Kastamenbraun vermischt sind.“
Die Männer der meisten Reiterstämme verfügten über eigens abgerichtete Kriegs- und Bisonpferde, die speziell für Kampf und Jagd ausgebildet waren. Ein gutes Streitross musste schnell, furchtlos, zuverlässig und ausdauernd sein. Den Comanchen zum Beispiel waren ihre Lieblingspferde mehr wert als ihre Frauen. Ihre vierbeinigen Gefährten, die sie ein Leben lang begleiteten, wurden nie geschlagen oder misshandelt, sondern liebevoll umsorgt.
Die Hunde jedoch, mit denen die Indianer zuerst das Pferd verglichen hatten, wurden sehr grob behandelt und fristeten ein klägliches Leben – gemessen am gemütlichen Dasein ihrer „weißen“ Artgenossen, über das die Rothäute nur verständnislos den Kopt schüttelten, indem sie sagten: „Der weiße Mann schlägt seine Kinder und verhätschelt seine Hunde. Der Indianer prügelt seine Hunde und liebt seine Kinder.“
Mit dem Mustang, ihrem beständigen Begleiter, auf dessen Rücken sie fast ihr ganzes Leben verbrachten, machten die Prärie-Indianer Geschichte.